Stärkung der Geburtshilfe jetzt!

Vor wenigen Wochen musste eine Sylterin ihr Kind auf einem Seenotrettungskreuzer zur Welt bringen, weil die Wehen deutlich vor dem Geburtstermin einsetzten, es aber auf Sylt keine Geburtsstation mehr gibt. Dieses Beispiel zeigt auf besonders drastische Weise, wie dramatisch die Situation in der Geburtshilfe ist. Von flächendeckender Versorgung kann immer weniger die Rede sein. Das gilt nicht nur für Inseln, sondern auch für ländliche Regionen. Auch in den Kreißsälen selbst spitzt sich der Personalmangel immer weiter zu.

Die vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegebene IGES-Studie zur stationären Hebammenversorgung zeigt, dass Hebammen bis zu drei Frauen und zwei Geburten gleichzeitig betreuen müssen. Weil es auch in anderen Berufsgruppen zu wenig Personal gibt, müssen sie zudem zusätzlich fachfremde Aufgaben wie Reinigungsarbeiten übernehmen. Für eine zugewandte, empathische Arbeit mit den Schwangeren und Gebärenden bleibt da schlicht und ergreifend immer weniger Zeit.

Das Motto des diesjährigen Hebammentags trifft es gut: ‚Die Daten sprechen für sich – investiert in Hebammen‘. Wir wissen um die Zustände. Wir wissen auch, was wichtig für eine gute Versorgung ist. Wohnortnahe Infrastruktur und eine 1:1-Betreuung. Wir brauchen dringend eine bedarfsgerechte Personalbemessung für alle Berufsgruppen im Krankenhaus, hebammengeleitete Kreißsäle und eine angemessene Vergütung der Arbeit der Hebammen. Noch halten die Hebammen alles am Laufen. Aber die IGES-Studie zeigt auch: Immer mehr Hebammen denken über eine Stundenreduzierung oder einen Berufswechsel nach. Und das war bereits vor der Corona-Pandemie, die alles noch weiter zugespitzt hat. Wir müssen dringend gegensteuern, damit Hebammen nicht weiter verheizt werden und nach und nach die Exit-Strategie wählen.